Forschungsaufenthalt in Lissabon Februar–März 2013
Michèle Koláčková
In meiner Lizenziatsarbeit beschreibe ich das TAM-System im Sãotomensischen bzw. im Forro, wie die Sprecher ihre eigene Sprache nennen, und vergleiche es in einem zweiten Teil mit dem zweier anderer portugiesischer Kreole im Golf von Guinea, des Principensischen [Lung’ie] und Angolar [Ngola]. Es war mir leider nicht möglich, eine Forschungsreise nach São Tomé und Príncipe zu unternehmen, jedoch führten mich glückliche Umstände nach Lissabon, wo eine beträchtliche Anzahl Landsleute jenes Inselstaates lebt.
Wärmstens empfangen durch Tjerk Hagemeijer und seine Mitarbeitenden, durfte ich ein Büro im Centro de Linguística der Universität Lissabon (CLUL) mitbenutzen und wurde von diesem Team in vielerlei Hinsicht unterstützt. Ich hatte zwei unabhängige Fragebögen ausgearbeitet, von welchen der eine ca. 50 Sätze hauptsächlich mit statischen Verben, der andere ca. 40 Konditionalsätze umfasste. Es ging einerseits darum, zu untersuchen, wie sich die statischen Verben mit den TAM-Partikeln verhalten und warum sie sich in zwei Gruppen spalten, und andererseits, wie sich der TAM-Partikel ‚ka‘ in Konditionalsätzen verhält, dies, jedoch nur am Rande, auch auf tonaler Ebene (auf Empfehlung von Philippe Maurer). Foto rechts: Mitarbeitende am Centro de Linguística, selbst Sprecher des Sãotomensischen; hier, vor dem Gebäude der Associação da Comunidade de São Tomé e Príncipe (ACOSP)
Bei meinen Informanten handelte es sich um drei Herren gebürtig in São Tomé im Alter zwischen 67 und 81 Jahren, welche seit den 70-er bzw. 80-er Jahren in Portugal leben. Sie bekamen meine Sätze auf Portugiesisch vorgelesen und mussten diese auf Sãotomensisch übersetzen. Diese Übersetzungen hielt ich sowohl schriftlich wie auch zusätzlich mit einem Aufnahmegerät fest. Es war äusserst spannend, mit drei ziemlich unterschiedlichen Menschen zu arbeiten: während der Älteste bereits mit anderen Sprachforschern gearbeitet hatte und daran gewöhnt war, war es für die anderen das erste Mal, dass sie jemand zu ihrer Sprache befragte.
Der Eine hatte von Natur aus ein Gespür und Interesse für seine und allgemein für Sprachen, was hauptsächlich Vorteile hatte, weil er schnell wusste, was ich wollte; der Andere war hingegen sehr authentisch und natürlich, sodass seine Aufnahmen aufschlussreiche Daten hergeben, welche trotz Fragebogens beinahe spontansprachlicher Natur sind.