Schweizerische Gesellschaft
für bedrohte Sprachen

Feldforschung in Osttimor (Timor-Hakka)
August 2017

Juliette Huber

Stadtansichten von Dili: Blick ins gebirgige Landesinnere
Meine einmonatige Reise nach Osttimor im August 2017 war der Auftakt eines Pilotprojekts mit dem Ziel, die Machbarkeit und wissenschaftliche Relevanz eines grösseren Forschungsprojekts zur Beschreibung und Dokumentation der in Osttimor gesprochenen Varietät von Hakka abzuklären. Anekdotischer Evidenz zufolge unterscheidet sich Timor-Hakka so stark von anderen in Südostasien gesprochenen Varietäten dieser Sprache, dass eine Verständigung schwierig ist. Da die zuvor prosperierende Hakka-Gemeinschaft in Osttimor während der indonesischen Besatzung zwischen 1975 und 1999 stark dezimiert wurde, ist Timor-Hakka heute stark bedroht: die in der osttimoresischen Volkszählung von 2010 genannte Zahl von 722 Chinesisch-Muttersprachlern bezieht sich vermutlich auf die verbliebenen Hakka-Muttersprachler. Auf dem Bild links: Stadtansichten von Dili mit Blick ins gebirgige Landesinnere

Blick auf die Bandasee
Konkrete Ziele der Reise waren a) mit Sprechern von Timor-Hakka Kontakt aufzunehmen und b) erste Daten zu erheben, falls mein Vorhaben ihre Unterstützung finden sollte. Im Hinblick auf beide Ziele konnte ich Erfolge verbuchen: alle Sprecher, die ich kennengelernt habe, waren an meiner Studie interessiert, und von der Hakka-Vereinigung Osttimors (Asosiação Comercio Comunidade Chinese Timor Oang; sic) habe ich ein Unterstützungsschreiben bekommen, das ich bei allfälligen weiterführenden Anträgen werde brauchen können. Während gut drei Wochen habe ich ausserdem regelmässig mit zwei Sprechern gearbeitet, so dass ich bereits über 19 Stunden Sprachdaten sammeln konnte. Beim allergrössten Teil davon handelt es sich um Elizitation zu verschiedenen grammatischen Themen; dazu kommen aber auch 13 Minuten mit kurzen Erzählungen, die grösstenteils transkribiert und übersetzt sind. Ich setze nun meine verfügbare Zeit ein, eine Analyse dieser Daten vorzunehmen,um damit das Hauptziel der Studie (das Abklären der Relevanz eines Dokumentations- und Deskriptionsprojektes) zu realiseren - wovon ich allerdings noch weit entfernt bin! Auf dem Bild rechts: Blick auf die Bandasee.

Die meisten Sprecher von Timor-Hakka sind in den urbanen Zentren Osttimors, insbesondere in der Hauptstadt Dili, wohnhaft. Ich habe daher den grössten Teil meiner Aufenthaltes in Dili verbracht. Einen kurzen Ausflug habe ich jedoch auch nach Lospalos, ganz im Osten des Landes, unternommen, wo ich bereits während früheren Feldforschungsaufenthalten in Osttimor her Hakka-Sprecher kannte. Auf dem Bild links: Das Innere des Guang-Di-Tempels in Dili.

Meine erste Anlaufstelle in Dili war der chinesische Tempel an der Rua Formosa. Der Tempelleiter, Akom Fong, war zunächst etwas reserviert, erklärte sich jedoch bereit, mir beim Suchen nach geeigneten Informanten behilflich zu sein. Nach kurzer Zeit erwachte aber sein eigenes Interesse, so dass ich mich in den kommenden Wochen regelmässig mit ihm traf. Meinen zweiten Informanten, Li Lay, fand ich Geschäftsviertel Colmera, wo ich in verschiedenen Läden herumfragte. Auch mit ihm habe ich regelmässig gearbeitet. Seit meiner Rückkehr stehe ich ausserdem über Facebook und Whatsapp mit mehreren Hakka-Sprechern in Kontakt und konnte auf diesem Weg auch schon kleinere Fragen klären.

Tempelleiter Akom Fong Informant Li Lay
Akom Fong, Tempelleiter und erster Informant (links)
Li Lay, zweiter Informant, im Laden mit seiner Mutter (rechts)